Eigene Anliegen klar aussprechen, heftige Kontroversen meistern und konstruktive Lösungen suchen: Dies fordert Schule in Gruppenarbeiten, Unterrichtsgesprächen oder auf dem Pausenhof unablässig ein. Dahinter steckt ein hohes Maß an kommunikativer Kompetenz, die Lernen gleich leichter macht, wenn im Schulalltag gelingt, respektvoll miteinander umzugehen und sich freundlich zu begegnen. Um dafür ein Bewusstsein zu schaffen, trafen sich die Schülerinnen und Schüler der 5. Klassen im Workshop „Wertschätzend kommunizieren“ mit der Schulpsychologin Frau Weigand und der Beratungslehrkraft Frau Schweiger. Zunächst gingen die Kinder der Körpersprache auf den Grund, indem sie versuchten, beim gegenseitig unterschiedlich motivierten Begrüßen die entsprechenden Emotionen im Gesicht des Gegenübers zu lesen. Schnell wurde klar, dass hinter Worten heftige Gefühle stecken können, die jeder auf seine ihm eigene Weise kundtut. Die Erkenntnis, dass es bei einer falschen Lesart zu Missverständnissen und sogar Streitereien kommen kann, rückte eine genauere Beschäftigung mit negativen Gefühlen in den Fokus.
Anhand von Emojis, die heute jeder kennt und die schwer aus Internetunterhaltungen wegzudenken sind, nahmen die Fünftklässler in einer Gruppenarbeit die Bedeutung der Gesichter etwas genauer unter die Lupe. Es gelang den Kindern – unterstützt durch ein Zuordnungsspiel – schnell, die hinter den Gefühlen verborgenen Botschaften zu entschlüsseln. Dass Gefühle wie eine Alarmglocke anzeigen, dass jemand gerade etwas nicht bekommt, was er braucht, lenkte dann den Blick auf die Wünsche der Menschen nach Ordnung, Bindung, Selbstwerterhöhung und Lustgewinn. Im Gespräch wurde klar, dass diese Bedürfnisse erst einmal als solche wahrgenommen werden müssen, bevor sie angemessen ausgeglichen werden können. Auch leuchtet dann ein, dass ein Durchsetzen der eigenen Interessen nicht mit der Absicht, anderen zu schaden, sondern um für sich zu sorgen, erfolgt. Darüber hinaus wurden die Schüler dafür sensibilisiert, dass ein und dasselbe Bedürfnis auf so unterschiedliche Arten Erfüllung findet. Entspannung kann sich durch lautes Musizieren oder leises Vor-sich-hin-Dösen einstellen. Wer sich also auf seine Sicht versteift, läuft schnell Gefahr, statt auf Augenhöhe zu bleiben, einen Streit vom Zaun zu brechen und den anderen im Gespräch abzuwerten. Ein tieferes Verständnis für eigene und fremde, bewusste und unbewusste Begehrlichkeiten öffnet somit den Weg hin zu wertschätzender Kommunikation. Anhand eines fiktiven Fallbeispiels aus der Schule, bei dem ein Konflikt in einer Gruppenarbeit auf die Interessenslage der streitenden Parteien, deren Gefühle und ungestillten Bedürfnisse hin untersucht wurde, wurde eine gewinnbringende Lösungsstrategie erarbeitet. Nach dem Muster der gewaltfreien Kommunikation in Anlehnung an Marshall B. Rosenberg beschrieben die Schüler ihre Beobachtungen ohne Beleidigungen, teilten ihr Gefühl, begründeten ihr Bedürfnis und äußerten konkret ihre Bitte. Zuletzt waren die Kinder in ihren Gruppen an der Reihe, einen eigenen Fall aus dem Schullalltag zu untersuchen und eine gewaltfreie Alternative zu formulieren. Mit einem guten Gefühl, dass ein Anstoß zu einem respektvollen, überlegten Verhalten erfolgt war, aber auch mit der Gewissheit, dass dies erst ein Anfang sein konnte, folgt im zweiten Halbjahr eine Fortsetzung, weil uns die Wohlfühlatmosphäre an der Schule am Herzen liegt.