Schnupperabend lockt über 100 Viertklässler und ihre Eltern ans Turmair-Gymnasium

Computer, Video und Labor – mit derartigen Segnungen der Moderne kann das Turmair auch als Traditionsgymnasium aufwarten. Dass diese drei Begriffe aus der Antike stammen, erschloss sich letzten Donnerstag Grundschülern auf spielerische und kindgerechte Weise. Das JTG hatte zu einem Schnupperabend unter dem Motto „EinFach Latein“ eingeladen, welcher erstmals seit der Corona-Pause wieder live angeboten wurde. Der Andrang war immens: Mehr Kinder als jemals vor der Pandemie waren mit ihren Eltern in die Neue Aula gekommen, sodass verschiedene Gruppen gebildet werden mussten. So durften die angehenden Gymnasiasten entweder mit Schulleiterin Andrea Kammerer persönlich oder mit Lateinlehrerin Stefanie Lohner Fremdwörtern auf den Grund gehen. Magische Momente erlebten sie, als sie beim Eintauchen ins Alte Rom sogar schon erste lateinische Sätze mühelos erschlossen.

Die Erwachsenen lauschten unterdessen dem Vortrag des renommierten Regensburger Fachdidaktikers und Lehrbuchautors Clement Utz. Dieser plädierte entschieden für das Fach Latein „gerade auch in unserer heutigen digitalen Welt“, und zwar – „wenn schon, denn schon“ – für Latein als erste Fremdsprache. Denn ein zehnjähriges Kind werde von der fremden Welt der Römer geradezu magisch angezogen und frage in seiner natürlichen Neugier der Lehrerin oder dem Lehrer die sprichwörtlichen Löcher in den Bauch: Was haben die Römer gegessen? Wie haben sie gewohnt und welche Haustiere hielten sie? Bei einer „Zeitreise in die Antike“, die der moderne Lateinunterricht am Turmair bietet, gibt es Antworten auf all diese Fragen. Verblüfft seien die Kinder auch von der alltäglichen Präsenz des Lateinischen, das nicht nur in vertrauten Kosmetikprodukten wie „Nivea“ und „Penatencreme“ steckt, sondern auch Fußball-Reporter im Munde führen, wenn sie die „defensive“ Spielweise als wenig „effizient“ kritisieren. So erfahren die Schüler Latein als sprachliches und historisches, bald auch als literarisches und philosophisches Fach, das, so Utz, „wertvolle Grundlagen für alles Mögliche“ lege, etwa für den Erwerb weiterer Fremdsprachen und die Methodik des Lernens an sich. Latein lehre problemlösendes und kombinatorisches Denken, wie dies gerade in der modernen Informationstechnologie gefragt sei: Denn die „Denkoperationen zur Analyse lateinischer Sätze sind dieselben wie beim Erstellen komplexer Computerprogramme“ – ein starkes Argument für Latein gerade im digitalen Zeitalter. Dennoch sei Latein „nicht schwerer als ein anderes gymnasiales Fach, aber auch nicht leichter“. Mit einer Basis von nur 1250 Vokabeln könne man nahezu 85 Prozent der wichtigsten lateinischen Texte verstehen – und zudem nicht nur Fremd- oder Lehnwörter im Deutschen, sondern auch Vokabeln aus anderen Sprachen herleiten.

Dies bewies auf sehr anschauliche Weise Biologielehrer Wolfgang Pöschl, der den Kindern anhand eines wunderschönen präparierten Eisvogels dessen Wasser abweisendes Federkleid als „magischen Mantel“ erklärte. „Feder“ heißt auf Lateinisch „penna“, und davon stammt nicht nur die gängige englische Vokabel „pen“, sondern auch das etwas ältere deutsche Wort „Pennäler“ in der Bedeutung „Gymnasialschüler“, welcher die „penna“ als „Schreibfeder“ nutzt. Die heutigen Pennäler am Turmair nutzen als Arbeitsmaterial neben traditionellen Schreibgeräten natürlich auch digitale Tools wie die schuleigenen iPads mitsamt Apple Pen. Im Fach Musik gibt es freilich noch ganz andere Geräte: Einen besonderen Zauber üben die bunten Boomwhackers aus, die ganz ohne Vorkenntnisse bedient werden können. Und genau diese durften die Kinder am „Schnupperabend“ ausprobieren, indem sie mit Musiklehrer Thomas Knapek einen Song über einen besonders regsamen Regenwurm sangen – sogar schon auf Lateinisch.

So kamen die angehenden Gymnasiasten mit vielfältigen Eindrücken aus ihren verschiedenen Gruppen zurück zu ihren Eltern in die Aula. Dort wartete zum krönenden Abschluss ein selbst verfasstes Stück des Unterstufentheaters auf alle Gäste. Unter der Leitung von Deutschlehrerin Franziska Maier hatten sich die knapp 20 jungen Turmair-Schauspieler ein Stück über die „Zauberklasse“ eines besonderen Pädagogen ausgedacht, in welcher alle Schüler nur Einser schreiben – schlimmstenfalls eine „Eins minus“. Dass dies nicht mit rechten Dingen zugeht und zu Beschwerden der anderen Lehrer führt, kann man sich vorstellen. Doch die „Zauberklasse“ begegnet den durch die Direktorin eingeschalteten Besuchern vom Schulamt souverän mit einem „Vergessenszauber“. Die Beschwerde wird abgewiesen, die Kinder bekommen weiterhin ihre Bestnoten – und die engagierten Schauspieler den verdienten Applaus für diese besondere Premiere. Schulleiterin Andrea Kammerer war voll des Lobes und bedankte sich bei allen Beteiligten, welche bewiesen hätten, dass „Turmair-Schüler auch genügend Zeit für ein vielfältiges Wahlkursangebot finden“. Auch die Schülerinnen und Schüler des Turmair-Technik-Teams, die den Vortrag und das Theaterstück medial in Szene setzten, bewiesen vorbildliches Engagement und Können. So bot der rundum gelungene Schnupperabend am JTG den Viertklässlern und ihren Eltern viele magische Momente – nicht nur im Fach Latein.                                                     

Birgit Mania