Bärtierchen –auch Wasserbären– genannt, sind meistens weniger als einen Millimeter große achtbeinige Tiere. Sie erinnern durch ihr Aussehen und ihre tapsig wirkende Fortbewegungsweise etwas an Bären, was zu ihrer Bezeichnung im deutschen Sprachraum führte.
Sie leben weltweit im Meer, Süßwasser oder in feuchten Lebensräumen an Land; besonders häufig findet man sie dort in Mooskissen. Und sie sind wahre Überlebenskünstler. Sie können in einen vollständig wasserfreien Zustand verfallen, der Kryptobiose, einem todesähnlichen Zustand, in dem sich keinerlei Stoffwechselaktivität mehr registrieren lässt. Das lässt sie extreme Bedingungen wie Trockenheitsperioden, Kälteeinbrüche, starke Schwankungen im Salzgehalt des Wassers oder Sauerstoffmangel über einige Jahrzehnte überstehen. Das Bärtierchen ist auch das erste Tier, von dem bekannt wurde, dass es im Weltall überleben kann. Durch die missglückte Landung des israelischen Mondlandegerätes Beresheet wurden 2019 einige Tausend Bärtierchen auf dem Mond verstreut. Auch das dürften sie überlebt haben. Bei Zufuhr von Wasser erwachen sie wieder zum Leben.
Um dieses unglaubliche Tier vorzustellen, kamen Studierende des TUM Campus Straubing ans Turmair – in den Chemieunterricht der Q12.
Sie nehmen an einem Wettbewerb namens International Genetically Engineered Machine (iGEM) competition teil, Das ist ein internationaler Wettbewerb für Studierende auf dem Gebiet der synthetischen Biologie. Er wird seit 2003 von der iGEM Foundation veranstaltet, wobei bis 2014 das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge als Austragungsort fungierte. In den letzten Jahren nahmen jährlich ca. 350 internationale Teams teil. Eine Forderung, um bei dem Wettbewerb bestehen zu können, sind Unterrichtsstunden, die in einer Schule gehalten werden. Und so kam das Turmair in diesen Genuss.
Die Idee der Studenten ist folgende. Bei der synthetischen Biologie macht man sich die Bestandteile einer Zelle, vor allem Enzyme, zu Nutze, um ohne diese Zelle, also zellfrei, bestimmte Stoffe zu synthetisieren. Das Problem dabei: Die Enzyme und andere zellfreie Stoffe können nur bei unter -80 °C im Gefrierschrank aufbewahrt werden. Will man die Stoffe transportieren, muss die Kühlkette und die Lagerung bei -80 °C gewährleistet werden. Und das ist teuer und aufwändig. Jetzt kommen die Bärtierchen ins Spiel. Ihre speziellen Proteine, die sie selbst sogar vor radioaktiven Strahlen schützen, können die zellfreien Stoffe so stabilisieren, dass diese ohne Probleme und ohne Kühlung verschickt werden können. Dadurch bekommen auch Laboratorien die Möglichkeit, zellfrei zu arbeiten, die sich ein teures Equipment gar nicht leisten können, z.B. in Entwicklungsländern. Denkbare Anwendungen wären: Herstellung von Biosensoren für Schadstoffe, Medikamentenherstellung mit wenigen Hilfsmitteln, Verbesserung der Lebensmittelproduktion, Biokraftstoffe, mehr Bildung im SynbioBereich uvm.
Zu diesem Zweck gründeten die Studenten die Firma Bluebear Bio.
All diese Informationen wurden den Schülern in einer eindrucksvollen PowerPoint-Präsentation vorgestellt. Am Anfang wurde interaktiv das Grundwissen der Schüler zur Genetik und zur Zellbiologie abgefragt, wobei sie sich sehr gut schlugen.
Am Ende ging es auf Bärtierchen-Jagd. Die Studenten hatten lebende Bärtierchen dabei und die Schüler durften sie unter dem Mikroskop suchen. Wer als Erster ein Bärtierchen entdeckte, bekam ein 10 cm großes aus dem 3D-Drucker geschenkt. Gewonnen hat Chrissi Buchs. Herzlichen Glückwunsch!
Die Schüler waren durchwegs begeistert und stellten am Ende der Doppelstunde noch viele Fragen. Auch die Studenten fanden unsere Schüler toll und sehr interessiert. Jetzt darf man ihnen nur noch viel Erfolg mit ihrer spektakulären Idee beim iGEM-Wettbewerb wünschen.
OStR Peter Brandhuber, Leiter Chemiekurs Q12