Johannes Turmair

1477 - 1534

Aventinus

Geboren wurde Turmair 1477 in Abensberg – weshalb er sich selbst zu „Aventinus“, der Abensberger, latinisierte. In der Gelehrtenwelt hatte das einen ganz anderen Klang als das doch recht provinzielle „Turmair“ – und außerdem suggerierte Turmair alias Aventinus damit eine römische, antike Abstammung: Der „Aventin“ ist bekanntlich einer der sieben Hügel Roms.

1.

Geschichtsschreiber

Mit seinen Äußerungen über Kirche und Adel begab sich der erste Geschichtsschreiber Bayerns in den Zeiten von Reformation und Gegenreformation auf ein gefährliches Terrain. Verdächtig machten ihn auch seine Kontakte zu Luther und Melanchthon, sodass ihn schließlich die Stadtväter von Abensberg 1528 im städtischen Verlies festsetzten, angeblich wegen „Nichtbeachtung der Fastengebote.“ Erst auf Intervention des Herzogs Wilhelm IV. selbst, der sich dem ehemaligen Lehrer und Erzieher seiner beiden jüngeren Brüder verpflichtet fühlte, wurde er nach 14-tägiger Haft entlassen. Turmair zog daraufhin in die Freie Reichsstadt Regensburg, wo ein liberaleres Klima herrschte als im streng katholischen Herzogtum Bayern. Er kaufte dort ein Haus, heute Engelburgergasse Nr.14, heiratete im nicht mehr ganz jugendlichen Alter von 52 Jahren und vollendete sein wissenschaftliches Hauptwerk, die „Annales ducum Baiovariae“.

4.

Humanist

In der Tat sah sich der Gelehrte und Geschichtswissenschaftler Turmair, der natürlich fließend Latein sprach, in der Tradition der römischen Historiker. Dass sein Horizont tatsächlich nicht an den Landesgrenzen Altbayerns endete, zeigt seine intensive Korrespondenz mit vielen anderen Geistesgrößen seiner Zeit, wie dem großen humanistischen Poeten Konrad Celtis – seinem Ingolstädter Lehrer -, dem Straßburger Historiker und Altphilologen Beatus Rhenanus, dem Nürnberger Historiker und Altphilologen Willibald Pirckheimer, dem katholischen Theologen Johann Eck, aber auch mit dessen Gegenspieler, dem evangelischen Theologen Philipp Melanchthon, und mit Martin Luther selbst.

2.

Übersetzer

Turmair selbst übersetzte die „Annales ducum Baiovariae“ ins Deutsche. Im politischen Klima der Gegenreformation war Turmairs freisinnige Art jedoch nicht opportun, und offenbar war die Herzogsfamilie selbst gegen eine Veröffentlichung des von ihnen in Auftrag gegebenen Werkes. Daher erschien die lateinische Version posthum schließlich 1554 in Ingolstadt, die brisantere deutsche Fassung erst im Jahre 1566 in Frankfurt – nicht von Ungefähr wieder in einer Freien Reichsstadt. Unsere Bibliothek besitzt übrigens die deutsche Original-Fassung und immerhin eine – wieder in Frankfurt gedruckte – lateinische Ausgabe von 1627. Turmairs Motivation für die Übersetzung des eigenen Werks war typisch humanistisch. Er möchte, dass jeder, aber vor allem der Mächtige, und der ist fast immer des Lateinischen nicht mächtig, aus der Geschichte lerne.

5.

Studium

Seine Weltläufigkeit erlangte der Abensberger Gastwirtssohn schon während des Studiums: Er studierte zunächst in Ingolstadt, damals Bayerns erster und einziger Universität, später dann an den renommierteren Hochschulen zu Krakau, Paris und Wien. Statt des angestrebten Lehrstuhls in Ingolstadt, wo er auch schon Vorlesungen gehalten hatte, erhielt Turmair 1509 die Berufung zum Erzieher der wittelsbachischen Herzogssöhne Ludwig und Ernst. Diese zweit- und drittgeborenen Söhne wuchsen fernab des Münchner Hoflebens in der herzoglichen Residenz zu Burghausen auf. Als Dank für seine langjährigen pädagogischen Bemühungen um die Herzogssöhne wurde Turmair 1517 schließlich zum „Historiographus“, zum herzoglich bayerischen Hofgeschichtsschreiber ernannt.

3.

Kartograph

Nebenbei war der Historiograph Turmair auch Urheber der ersten bayrischen Landkarte, die eine Generation später als Vorbild für die große Bairische Karte Philipp Apians diente. Außerdem verfasste er sechs Kloster- bzw. Stadtchroniken, u.a. zu Regensburg, zwei politische Schriften zum Türkenkrieg, eine lateinische Schulgrammatik sowie je eine Abhandlung zur Musik, zur Etymologie des Deutschen und zur Mathematik der Römer. Er war also ein typischer  humanistischer Universalgelehrter, der sich in allen Fakultäten heimisch fühlte.

6.